Genetische und morphologische Studien haben die Existenz zweier bisher unbekannter Chamäleonarten auf Madagaskar bestätigt, darunter das ikonische „Pinocchio“-Chamäleon, das jetzt offiziell Calumma pinocchio heißt. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Zoologen Frank Glaw veröffentlichte seine Ergebnisse in der Zeitschrift Salamandra und beleuchtete die komplexe Entwicklung dieser einzigartigen Reptilien.
Madagaskar: Ein Hotspot der Chamäleonvielfalt
Madagaskar ist die Heimat von über 40 % der weltweit bekannten Chamäleonarten und ist damit eine wichtige Region für die herpetologische Forschung. Das „Pinocchio“-Chamäleon, das sich durch seine ungewöhnlich verlängerte Schnauze auszeichnet, ist seit fast 150 Jahren bekannt, wurde jedoch zuvor fälschlicherweise dem Artenkomplex Calumma gallus zugeordnet. Das charakteristische Nasenanhängsel war das Hauptmerkmal zur Identifizierung, doch neuere genetische Analysen offenbaren eine weitaus komplexere Realität.
Genetische Beweise bestätigen neue Arten
Die Forscher stellten fest, dass das Tier, das allgemein als „Pinocchio“-Chamäleon bezeichnet wird, eine eigenständige Art darstellt, was seinen offiziellen wissenschaftlichen Namen Calumma pinocchio rechtfertigt. Diese Neuklassifizierung gleicht die gebräuchlichen und wissenschaftlichen Namen an und beseitigt so eine seit langem bestehende Unklarheit. Weitere genetische Analysen historischer Exemplare brachten eine weitere bisher unbekannte Art zutage, Calumma hofreiteri, die fälschlicherweise als Calumma nasutum klassifiziert wurde.
Rasante Entwicklung und weibliche Partnerwahl
Laut Dr. Glaw sind die genetischen Ergebnisse schlüssig: „Die Nasenchamäleons haben bisherige Forschungen geradezu getäuscht.“ Die Studie legt auch nahe, dass sich die Nasenanhänge als Reaktion auf die Partnerwahl der Weibchen schnell entwickeln könnten. Länge, Form und Farbe dieser Gliedmaßen könnten durch weibliche Vorlieben bestimmt werden, was zu einer beschleunigten Entwicklung dieser Merkmale führen könnte.
Museomics: Historische Exemplare neu klassifizieren
Möglich wurde die Neuklassifizierung durch „Museomik“, eine Technik, die DNA aus antiken Museumsexemplaren extrahiert. Das Team analysierte Proben aus dem Jahr 1836 und bot damit eine einzigartige Gelegenheit, historische Klassifizierungen neu zu bewerten. Laut Prof. Miguel Vences zeigt diese Methode das Potenzial zur Korrektur falsch identifizierter Exemplare in komplexen Artengruppen.
Erweiterung der Artenvielfalt Madagaskars
Mit diesen beiden neuen Beschreibungen erreicht die Gesamtzahl der bekannten Chamäleonarten in Madagaskar 100, was einer Gesamtzahl von 236 Arten weltweit entspricht. Diese Entdeckung unterstreicht den anhaltenden Bedarf an detaillierten genetischen und morphologischen Studien, um die Artenvielfalt in bedrohten Ökosystemen genau zu dokumentieren.
Die Studie unterstreicht, dass selbst bekannte Arten verborgene Komplexität bergen können und wie fortschrittliche Techniken wie die Museumsforschung unser Verständnis der Naturgeschichte neu definieren können. Die Ergebnisse erinnern daran, dass die Biodiversitätsforschung ein sich entwickelnder Prozess ist und dass laufende Untersuchungen für den Erhalt der einzigartigen Ökosysteme des Planeten unerlässlich sind



































